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Das schöne Paar im Juli: Zwischen zwei Städten

von Anna Janina Zepter
Foto: Roman Knie

In dieser Rubrik stellen wir schöne Paare vor und fragen sie nach ihrem Erfolgsrezept. Unser schönes Paar Kerstin Bröckl und Christian Bürger verbindet nicht nur Mainz und Wiesbaden, sondern auch ihre Leidenschaft für Mode und Style.

Zwei Selfmade Typen haben hier zusammengefunden: Christians Werdegang führte ihn über zwei abgebrochene Friseurausbildungen sowie eine Gesellenprüfung schließlich zum Friseurmeister. Danach arbeitete der 34-Jährige als Geschäftsführer in einem Berliner Friseursalon. Es zog ihn aber wieder zurück ins Rhein-Main-Gebiet. Hier machte er sich im Mai 2004 selbstständig und beschäftigt heute in seinem Friseursalon „Schönschräg“ in der Wiesbadener Innenstadt zehn Angestellte.
Sein Konzept-Store bietet neben klassischen Friseurdienstleistungen auch Accessoires und Geschenkartikel wie Kissen, Kulturbeutel, Taschenspiegel und Klamotten. Die meisten Hersteller kennt Christian persönlich. Die meisten Klamotten im Laden sind von: seiner Freundin.
Kerstin (35 Jahre) studierte Modedesign an der Fachhochschule in Trier. Noch während des Studiums legte sie die Gesellenprüfung in Damenschneiderei ab. Nach ihrem Diplom 2002 führte ihr Weg sie über die Mitarbeit bei großen Modefirmen und ein Abendstudium als Medienwirtin ebenfalls in die Selbstständigkeit: „Während der Arbeit in großen Modefirmen hat mir das Nähen gefehlt.“ Als in der Mainzer Altstadt ein Laden frei wurde, wagte sie den Sprung. Im September 2006 eröffnete Kerstin ihren Laden „Hotvolee“. Neben eigenen Kreationen verkauft sie dort auch die Kleidung anderer Designer.

Beruflich und privat eine Einheit
Kennen gelernt haben sich die beiden beim Designmarkt „Lokale Helden“, den Christian anfangs in seinem Salon in Wiesbaden organisierte. „Dabei passe ich nicht mal in dein Beuteschema von groß gewachsenen Partymäusen“, wundert sich Kerstin. Christian kontert: „Und du hattest bisher eher die ruhigen, unauffälligen Typen.“ Bei Anlässen wie Hochzeiten ergänzen sich die Fähigkeiten der beiden perfekt und sie stemmen oft gemeinsame Projekte. So entwirft Kerstin das Hochzeitskleid und Christian frisiert und stylt das Brautpaar. „Wir tauschen und teilen unsere Kunden“, freuen sie sich. Aber auch durch ihre Verschiedenheit kann das Paar viel voneinander lernen: Christian reagiert weniger impulsiv auf Veränderungen. Kerstin hingegen kann jetzt ehrlicher zu sich selbst sein und auch mal Nein sagen. „Christian sagt immer zu mir, ich soll den Stock aus dem Hintern nehmen und ich erwidere, er könnte hin und wieder einen Stock im Hintern gebrauchen“, resümiert sie den Lernprozess ihrer Beziehung. Kleine Streitigkeiten bleiben aber auch hier nicht aus. Vor allem wenn sie zusammen arbeiten, nimmt keiner ein Blatt vor den Mund.

Auch die Freizeit des Paares dreht sich um den Beruf. So fahren sie zwei Mal im Jahr zusammen zur Fashion Week nach Berlin, um sich inspirieren zu lassen und durch die Läden zu bummeln. Auch gemeinsame Urlaube werden genutzt, um nach neuen Inputs zu suchen. Kürzlich waren sie in Wien: „Wir sind den ganzen Tag durch Geschäfte gelaufen und haben nur geguckt.“ Jeder Urlaub wird so zur Recherche und Arbeit. „Aber im positiven Sinn“, betont Kerstin: „Wir lieben, was wir machen und können das gemeinsam tun, das ist toll.“ Dafür nehmen sie auch in Kauf, dass sie sich unter der Woche erst spätabends sehen, wenn Christian um 23 Uhr nach Hause kommt. Sie wohnen in Hochheim – im Haus von Kerstins Eltern. Christian schüttelt den Kopf und lacht: „Das hätte ich mir wirklich nicht träumen lassen: Ich wohne bei den Schwiegerleuten unterm Dach! Aber mal ehrlich, ich bin total happy.“

Außen hip, innen wertkonservativ
Trotz äußerlicher Berufe überraschen beide mit einer erfrischenden Bodenständigkeit. „Im Grunde unseres Herzens sind wir ziemliche Spießer“, lacht Christian. Liegt in der Bodenständigkeit auch das Erfolgsrezept ihrer Beziehung? „Das wichtigste einer Beziehung ist, sich Freiräume lassen. Du musst den anderen akzeptieren. Es bringt nichts, deinen Partner ändern zu wollen“, erklärt Chrisitan. „Außerdem sind Vorwürfe verboten. Und man sollte sich gegenseitig unterstützen“, ergänzt seine Freundin.
Das Konkurrenzdenken zwischen Wiesbaden und Mainz hingegen können beide nicht ernst nehmen: „Ehrlich gesagt, nervt mich das. Die Leute tun so, als läge Mainz von Wiesbaden Welten entfernt“, ärgert sich Christian. „Dabei haben beide Städte so viel Tolles zu bieten.“
Ihre beruflichen Ziele für die Zukunft sind klar definiert. Sie wollen über die regionalen Grenzen hinaus bekannt werden: „Das macht vieles einfacher und die Leute kommen dann von selbst zu dir.“ Die persönlichen Ziele fallen konservativer aus: „Ein Kind vielleicht. Und heiraten“, erzählt Christian, „also, wenn wir es diesmal hinkriegen.“ Die beiden hatten sich schon einmal verlobt. Nur die große Reaktion auf die Status-Änderung bei Facebook hatte ihnen die Lust genommen. Bei so viel Energie und Kreativität wird das Paar wohl auch noch diese Herausforderung stilvoll meistern.