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Performance-Experiment „Brückenschlag MZ/WI“ – Kollisionen inklusive

Brückenschlag
von Alexander Pfeiffer, Fotos: Frank Meißner

Wer von Mainz nach Wiesbaden gelangen will, oder umgekehrt, dem bieten sich fünf verschiedene Brücken über den Rhein, drei Straßenbrücken und zwei für den Schienenverkehr. Welche davon die Kulturdezernentinnen der beiden Städte, Marianne Grosse und Rose-Lore Scholz, genommen haben, um den künstlerischen „Brückenschlag MZ/WI“ auszubaldowern, ist nicht bekannt.
Fest steht hingegen seit Ende Oktober, dass der 2013 erstmals ausgeschriebene und mit 5.000 Euro dotierte Förderpreis für ein städteübergreifendes Mainz-Wiesbadener Projekt in der Sparte Darstellende Kunst an das Künstlerkollektiv „Raum (0)“ geht. Hinter diesem Namen stecken die Performancekünstler Mareike Buchmann und Robert Krajnik aus Wiesbaden sowie Judith Pekol, Mirko Danihel, Sebastian Weiss und Stefan Brand alias „Brandstifter“ aus Mainz. „Wir sind eine offene Gruppe“, betont Brandstifter. So sollen und werden im Laufe der nächsten Wochen und Monate noch Leute zu ihrem Projekt unter dem Titel „Sammlungen. Gehende sprechen“ dazu stoßen: „Künstler, Nicht-Künstler, Professionelle und Amateure!“

Überquerung der Quergänger
Angelegt ist ihr Brückenschlag als tatsächliche Überquerung von einer zur nächsten Stadt, inszeniert als zweiteilige Aufführung im öffentlichen Raum, die Elemente der Performancekunst, des zeitgenössischen Tanzes und der narrativen Ebene miteinander verbindet. „Das Publikum bleibt dabei nicht passiv“, heißt es in dem zur Ausschreibung eingereichten Konzept. „Um die Inszenierung zu erleben, muss dieses sich mitbewegen.“ Wie man sich das vorzustellen hat, demonstriert das Künstlerkollektiv beim Gespräch mit dem sensor in der Fußgängerunterführung am Wiesbadener Hauptbahnhof. Hier, wo alle anderen strikt geradeaus laufen, bewegen sich die fünf anwesenden „Raum (0)“-Mitstreiter plötzlich quer zu den übrigen Passanten – Kollisionen inklusive. „Der soziale Raum wird bei uns zur Interaktionsbühne“, erklärt Judith Pekol. Ein „Happening“ ist es allerdings nicht, was sie im Sinn haben. „Dann könnten wir uns die ganze Vorbereitung ja sparen“, sagt Robert Krajnik. Tatsächlich arbeitet die offene Gruppe an eben dieser sehr intensiv, trifft sich jede Woche, um Ideen zu entwickeln und zu proben.

Neue Wahrnehmungsräume
Der zweite Teil der Inszenierung wird in der Dokumentation des aktiven Brückenschlags bestehen. Die Überquerung soll fotografisch, filmisch und tontechnisch festgehalten werden. Als Grundlage für eine Installation in Bild und Klang, die zu einem späteren Zeitpunkt zu sehen sein wird. „Eine Re-Inszenierung im geschlossenen Raum“, nennt es Mirko Danihel. Passende Räume in Wiesbaden und Mainz dafür werden noch gesucht. Stattfinden wird der Gang zwischen den Städten im Spätsommer. Die Strecke steht bereits fest, wird aber noch nicht verraten. Nur so viel: „Wir wollen Räume öffnen, werden die Innenstädte meiden und statt dessen Wahrnehmung für unbelebte Un-Orte schaffen.“ Ganz sicher wird es an beiden Rheinufern entlang gehen. Und ganz sicher nicht über die Theodor-Heuss-Brücke. Die dramaturgische Grundlage für den Gang bildet „Das Gespräch der drei Gehenden“ von Peter Weiss: ein innerer Monolog in Gestalt eines lebhaften Gesprächs dreier Stimmen, die personifiziert werden durch Abel, Babel und Cabel, drei große, bärtige Männer in Regenmänteln, die einander zufällig begegnen – Abel und Babel übrigens auf einer Brücke. Blöde Frage zum Abschluss an die mittlerweile durchgefrorenen Gehenden: Haben sie denn in der Zusammenarbeit schon typische Mainzer oder Wiesbadener Eigenarten feststellen können? „Das Preisgeld aus Wiesbaden war schneller da. Dafür ist der Mainzer Hauptbahnhof nicht so zugig wie der in Wiesbaden.“ Offene Probe am 26. März um 18.30 Uhr in den Räumen des Kunstvereins im Eisenturm. Mitmachwillige und Interessierte willkommen.
www.sammlungen-gehende-sprechen.blogspot.de