Direkt zum Inhalt wechseln
|

Schöne Paare: Cristina Ayllón Panavera & Jordi Martin de Antonio

Text: Anna Janina Zepter
Foto: Roman Knie

Romeo und Julia tanzen derzeit um ihre Liebe im Ballett des Staatstheaters Mainz. Die Rolle der Julia verkörpert Cristina. Ihr Romeo im echten Leben, Jordi, ist in einer Nebenrolle zu sehen. Beide tanzen seit frühester Kindheit. Jordi (34), der in Barcelona aufwuchs, begann mit sechs Jahren beim Ballett. Nach seiner Ausbildung am Konservatorium führte ihn sein Weg über Barcelona, Madrid, Amsterdam und Lissabon nach Mainz. Seine Freundin Cristina (33) tanzt, seit sie vier Jahre alt ist. Sie absolvierte ihre Ausbildung in Toulouse. Von dort aus führten ihre Engagements sie ebenfalls über Barcelona und Madrid nach Mainz. Heute tanzt sie hier die Julia.

Kennen gelernt haben sich die beiden vor fünf Jahren in Madrid. „Unser Verhältnis war zuerst kollegial“, erinnert sich Jordi. Doch Cristina hat von Anfang an fasziniert, wenn Jordi tanzte: „Beim freien Improvisieren kannst du seine Gedanken erahnen. Ich wollte mehr davon erfahren, was ihn bewegt.“ Während der Arbeiten an „The Red Shoes“ – eine tragische Liebesgeschichte – sind sie sich näher gekommen.

Verwirklichung gemeinsamer Projekte

Neben ihrem Engagement im Ballett Mainz arbeiten beide seit 2008 an ihrem eigenen Tanzprojekt „Proyecto Cajmir“. C-A-J-M-I-R steht für „Cristina Ayllón Jordi Martin Impro Reorganizada“. Mit Cajmir kristallisieren sie aus ihren bisherigen Tanz-Erfahrungen die eigene Identität heraus. „In einem Ensemble bist du nur zur Hälfte autonomer Künstler. Die andere Hälfte muss sich an die Vorgaben des Choreografen halten“, fasst Jordi zusammen. Mit Cajmir begeben sie sich auf die Suche danach, was in ihnen von den verschiedensten Choreografien geblieben ist. Welcher Teil davon wurde Ausdruck ihres eigenen Stils?

Die Arbeit an eigenen Choreografien beginnt mit der Musik, die Jordi digital zusammenmischt. Dann kommt der Tanz. Während Jordi improvisiert, bringt Cristina Struktur in seine Bewegungselemente: „Wenn ich ihn tanzen sehe, kann ich seine Bewegungen greifen, einordnen, umordnen und zusammenfügen.“ So wächst nach und nach die eigene Choreografie. Die Zusammenarbeit harmoniert trotz unterschiedlicher Herangehensweise hervorragend. Cristina packt die Dinge von der emotionalen Seite an, Jordi arbeitet eher reflektiert.

Die größte Herausforderung bei der Zusammenarbeit sei es, Kritik zu üben – „und vor allem zu akzeptieren!“, lacht Cristina. „Aber gleichzeitig beruhigt es mich, mit Jordi zu arbeiten. Er ist sehr geduldig und holt mich immer wieder auf den Boden zurück.“ Beide verstehen sich mittlerweile blind: „Wenn Jordi und ich improvisieren, muss ich ihn nicht sehen, ich fühle ihn.“ Im Gegenzug tut es Jordi gut, sich von den emotionalen und manchmal etwas chaotischen Seiten seiner Freundin inspirieren zu lassen, aktiver und spontaner zu agieren. „Ich wache jeden Tag eine Stunde vor dem Klingeln des Weckers auf. Meistens bin ich mindestens eine halbe Stunde vor Probenbeginn im Raum und mache mich warm. Cristina schafft es immer erst im letzten Moment aus dem Bett.“ Sie winkt lachend ab: „Ich habe immer mal wieder versucht, mir seinen Rhythmus anzutrainieren. Aber ich bin eher die, die unvorbereitet ins kalte Wasser springt.“

Die Wohnsitzfrage

Jordi und Cristina fühlen sich wohl in Mainz. Am meisten beeindruckt sie die Offenheit der Menschen. „Deutschland bietet in Europa die besten Voraussetzungen für zeitgenössischen Tanz.“ Erzählt Jordi und Cristina summiert: „Die Deutschen sind nicht so laut und aufbrausend wie die Südländer, dafür sensibler und offener für Neues.“ Eine Performance ihres Projektes wie im Mai im Pengland hätte es in Spanien so nicht gegeben. Junge Tänzer ohne einen großen Namen haben es dort besonders schwer, aufzutreten. „Wir haben im Peng zwar kein Geld bekommen, dafür aber den Raum. So verlierst du nichts, kannst dich aber ausprobieren und die Leute lassen sich auf dich ein“, sagt Cristina. Jordi ergänzt: „Das war wundervoll. Deutschland ist für Kunst generell und für modernen Tanz im Besonderen ein guter Ort.“

Darüber, was für das Paar nach dem professionellen Tanzen kommt, wird allerdings noch leidenschaftlich gezankt. Cristina sieht sich in Zukunft als Besitzerin eines kleinen Gasthauses in Cádiz, Südspanien. Jordi träumt von einem „offenen Ort für Tanz. Ich würde einfach Leute anrufen und fragen, ob sie nicht Lust hätten, mit mir dort zu arbeiten und zu tanzen. Dafür kommen viele Orte infrage, Cádiz gehört aber nicht wirklich dazu“, schmunzelt er. Am 16. November tanzt Cristina noch einmal in Romeo und Julia. Was denkt Jordi sich dabei? „Manchmal ist es echt komisch, sie mit einem anderen Romeo zu sehen.“

www.jordimartindeantonio.com