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So wohnt Mainz: Hausgemeinschaft Ü50

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von Mara Braun Fotos: Frauke Bönsch

Wer die Häuser 6a bis 6b in der John-F.-Kennedy- Straße passiert, sieht erst einmal nichts Ungewöhnliches. Lediglich die Hinweisschilder, jeder Bewohner dieser Nummern im Martin-Luther- King-Park nehme gern Post für sämtliche Nachbarn an, lassen kurz innehalten: So gelebte Nachbarschaft ist in einer Stadt mit der Größe von Mainz nicht selbstverständlich.

Tatsächlich ist das, was sich hinter den Mauern der im Kellergeschoss verbundenen Gebäude abspielt, mehr als gelebte Nachbarschaft: „Wir sind ein Projekt für Leute, die im Alter nicht alleine wohnen wollen“, beschreibt Lydia Fleddermann den Grundgedanken vom Wohnprojekt „VIS-a-VIS“. Die resolute Frau mit den kurzen Haaren sitzt eingerahmt von vier Mitbewohnern auf einer Couch der Gemeinschaftswohnung.

Insgesamt 42 Nachbarn leben in der Häuserzeile, verteilt auf 31 Appartements, allein oder als Paare. Die Wohnung unten links im Haus 6b haben alle 42 Mitglieder von VIS-a-VIS gemeinsam gemietet, als Wohnzimmer für alle. Seit 2011 existiert der Verein, zum Spatenstich des Gebäudes wurde eine Kooperation mit der Wohnbau unterschrieben. „Wir schlagen die Mieter vor“, sagt Konrad Orschler, geprüft wird seitens der Gesellschaft nur die Bonität. So haben die Bewohner es in der Hand, wer bei ihnen einzieht. Die Auswahl erfolgt mit großer Sorgfalt: Vorm Erstbezug 2014 verbrachte man mit Interessierten komplette Wochenenden, um sich kennenzulernen und herauszufinden, ob die Vorstellungen vom gemeinsamen Leben zusammenpassen.

„Es geht um Gemeinschaft“, sagt Fleddermann und fügt an: „Dazu gehört auch, dass man sich hilft.“ Aber wenn alleinstehende Herren den Einzugswunsch damit begründeten, die Damen könnten ihnen abgefallene Knöpfe annähen und die Hausarbeit abnehmen, fliegen sie rasch von der Nachrückerliste. Beim Alter gibt es klare Vorgaben: „Wir wissen aus ähnlichen Projekten, dass junge Leute oft nicht lange bleiben, deshalb sind 50 Jahre die Untergrenze“, erklärt Orschler. Und zur Einrichtung geführt, aber auch Feste wie Ostern oder Silvester verbringen viele der Bewohner gemeinsam. „Da ist auch Besuch willkommen!“ Einmal im Monat sitzen alle an der reich gedeckten Tafel der Gemeinschaftswohnung zum Frühstück. Bei derlei Gelegenheiten stecken Holzklammern an den Gläsern, mit Herzen als Namensschildern, damit niemand beim Nachbarn trinkt.

Im Regal stehen Namenstassen und die Schränke in der tiefroten Küche (eine Spende von Küchen Keie) sind mit Hinweiszetteln versehen wie „Ordnung muss sein“. Regelmäßig finden Vereinssitzungen statt, dabei werden auch Aufgaben verteilt. „Jeder bringt seine Fähigkeiten ein, aber niemand wird gezwungen“, sagt Orschler. Zu den Aktivitäten der Wohngruppe gehören ein Lauftreff, Ausflüge oder Gartenarbeit. „Die ersten Christrosen haben geblüht“, berichtet Dorothea Seeliger stolz. Der Keller birgt neben Wasch-, Trocken- und Fahrradraum auch eine Werkstatt, die manch Handwerker vor Neid erblassen lässt.


boensch_IMG_4684Glück ist … eine gute Gemeinschaft

Wenn die Bewohner über die gemeinsamen Unternehmungen reden, wirken sie so aufgekratzt wie eine Gruppe Jugendlicher, die vom ersten Urlaub ohne Eltern erzählt. „Es wird sehr viel gefeiert“, sagt Hans Konopka mit konspirativem Lächeln. Dafür wird sorgsam Buch über die Geburtstage geführt, aber auch Feste wie Ostern oder Silvester verbringen viele der Bewohner gemeinsam. „Da ist auch Besuch willkommen!“ Einmal im Monat sitzen alle an der reich gedeckten Tafel der Gemeinschaftswohnung zum Frühstück. Bei derlei Gelegenheiten stecken Holzklammern an den Gläsern, mit Herzen als Namensschildern, damit niemand beim Nachbarn trinkt.

Im Regal stehen Namenstassen und die Schränke in der tiefroten Küche (eine Spende von Küchen Keie) sind mit Hinweiszetteln versehen wie „Ordnung muss sein“. Regelmäßig finden Vereinssitzungen statt, dabei werden auch Aufgaben verteilt. „Jeder bringt seine Fähigkeiten ein, aber niemand wird gezwungen“, sagt Orschler. Zu den Aktivitäten der Wohngruppe gehören ein Lauftreff, Ausflüge oder Gartenarbeit. „Die ersten Christrosen haben geblüht“, berichtet Dorothea Seeliger stolz. Der Keller birgt neben Wasch-, Trocken- und Fahrradraum auch eine Werkstatt, die manch Handwerker vor Neid erblassen lässt.

Viele Bewohner haben eben vor ihrem Umzug ihre Haushalte aufgelöst, auch deshalb ist die Truppe perfekt ausgestattet. Und technisch fit: „Wir kommunizieren vieles per Mail“, erzählt Gabriele Sallemerten. Am liebsten aber persönlich. Wer Lust auf Besuch hat, hängt ein Schild mit der Aussage „Ich habe Zeit, komm rein“ an die Tür. „Wenn wir das hier richtig machen, leben wir alle drei Jahre länger“, lachen die fünf, denn Glück ist bekanntlich das beste Rezept für Gesundheit. Dabei kneift Lydia Fleddermann sich lachend in den Bauch und sagt: „Aber erstmal habe ich drei Kilo zugenommen.“